Sie sind hier: Echsen Jemenchamäleons

Ein Haltungsbericht von Dr. Ingo Kober, den ich hier freundlicherweise verwenden darf....

Das Jemenchamäleon (Chamaeleo calyptratus) hat durch seine verhältnismäßig einfache Haltung und Zucht viel dazu beigetragen, daß Chamäleons heutzutage nicht mehr als unhalt- und -züchtbare Terrarientiere gelten. Die bei dieser relativ robusten Art gemachten Erfahrungen haben in vielen Fällen sicherlich dazu beigetragen, daß auch empfindlichere Arten erfolgreich gepflegt und nachgezogen werden konnten. Wurden aber vor 5 Jahren noch sehr viele Jemenchamäleons nachgezogen, so ist es in letzter Zeit recht still um diese Art geworden. Schon 1997 verzeichnete die Zuchtgemeinschaft Chamaeleonide nur noch drei ausgebrütete Gelege. Die Vitalität der angebotenen Nachzuchttiere läßt leider zunehmends oft zu wünschen übrig und die Anzahl der Züchter sinkt rapide. Es wäre schade, wenn diese als so einfach und robust geltende Chamäleonart das Schicksal manch anderer im Laufe der Zeit „uninteressant“ gewordener Terrarientiere teilt und wieder aus unseren Terrarien verschwindet. Dieser Artikel soll dazu beitragen, die Art wieder ins Gedächtnis der Terrarianer zu rufen und informiert über Aspekte von Haltung und Zucht dieser imposanten Chamäleons.

Das Jemenchamäleon bewohnt ein verhältnismäßig großes Areal im Süden der arabischen Halbinsel. Dort werden z.T. recht unterschiedliche Lebensräume besiedelt. Man findet die Tiere sowohl in den vegetationsreichen Berghängen Südjemens als auch in den trockenen vegetationsarmen Hochebenen Jemens und Saudi Arabiens. In diesem recht ausgedehnten und klimatisch heterogenen Verbreitungsgebiet hat C. calyptratus verschiedene farblich und auch in der Größe deutlich voneinander abweichende Lokalvarietäten entwickelt. Allerdings wurde bisher nur eine Unterart, C. c. calcarifer, beschrieben, deren Typusexemplare sich jedoch nachträglich als Mischlinge von C. calyptratus mit C. arabicus heraussstellten. Demnach gilt die Art zur Zeit als monotypisch und bisher wurde keiner der Lokalformen Unterartstatus zuerkannt. Eine eingehende Revision der systematischen Stellung der einzelnen Varietäten steht jedoch noch aus.
Die größten Formen wildlebender Jemenchamäleons erreichen bis zu reichlich 60 cm Gesamtlänge im männlichen und rund 45 cm Gesamtlänge im weiblichen Geschlecht, wobei gut die Hälfte auf den nicht autotomierbaren Greifschwanz entfällt. Es existieren aber auch im Freiland wesentlich kleinere Varietäten und die verschiedenen Formen sind in Terrarianerhand bunt durchmischt worden. Es existieren daher wohl weltweit kaum oder gar keine reinen Stämme bestimmter Lokalformen außerhalb ihrer natürlichen Heimat. Das mag bedauerlich erscheinen, doch kann der Zweck der Chamäleonzucht bei Privathaltern nicht die potentielle Wiederauswilderung möglichst wildformnaher Formen sein. Das muß zentral gesteuerten Erhaltungszuchtprogrammen vorbehalten bleiben, da nur auf diese Weise eine hinreichende Allelvielfalt und Wildformähnlichkeit auch über Generationen erhalten werden kann. Und sogar unter solch kontrollierten Umständen erfolgt leicht eine –unbewußte- gerichtete Selektion durch die Züchter, bei denen z.B. bevorzugt Tiere zur Fortpflanzung kommen, die in Ihrem Verhalten besonders wenig stör- oder streßanfällig sind, und so letztlich Stämme entstehen, die der Wildform äußerlich sehr ähneln, aber bereits etablierte Änderungen im Verhaltensrepertoire zeigen. Eine komplexe Problematik, wie dieser kurze Abriß andeutet und daher ist in privater Terrarianerhand eine Arterhaltungszucht realistisch nicht durchführbar.
Die Zucht durch private Terrarianer sollte vielmehr gewährleisten, daß der „Bedarf“ der betreffenden Tiere seitens interessierter Terrarianer gedeckt werden kann, ohne daß weitere Importe notwendig sind. Zu diesem Zweck kommt es nicht auf 100%ige Rassereinheit der gezüchteten Tiere an. Der arterhaltende Effekt solcher Bemühungen ist vielmehr neben den unmittelbaren Auswirkungen auf die Importzahlen gewissermaßen indirekt, da in vielen Fällen im verantwortungsbewußten Terrarianer das Interesse an den natürlichen Lebensräumen der Arten, die er pflegt geweckt wird und sich daher so mancher Terrarianer aktiv bemüht, zum Erhalt der betreffenden Lebensräume aktiv beizutragen.
Wichtiger als Formreinheit ist aus den genannten Gründen für eine Zucht über viele Terrarien-Generationen meines Erachtens, daß die Züchter Ihre Nachzuchten auf der Terrarienhaltung besonders gut angepaßte Tiere selektionieren und sich gleichzeitig bemühen, die ursprüngliche Allelvielfalt der Population nicht durch vermeidbare Paarungen nah verwandter Tiere zu gefährden.
Leider kann ich aus eigener Erfahrung sagen, daß viele Terrarianer von jeder Echse, die sie beim Züchter erwerben, gerne gleich ein Pärchen hätten. Der Hinweis, daß eine Zucht mit Geschwisterpaaren wenig sinnvoll ist und auf Dauer gesehen viel Schaden anrichten kann, und daß Nachzuchten der betreffenden Arten von anderen Elterntieren bei anderen Züchtern problemlos erhältlich sind, nützt leider oft wenig - es sei denn, man hat selber gleichzeitig Jungtiere von einem blutsfremden Elternpaar abzugeben.
Neben dem von vielen Züchtern positiv gewerteten Effekt, daß durch Inzuchtvermehrung hin und wieder rezessiv vorhandene Anlagen für besondere Färbungsvarianten phänotypisch zu Tage treten und dann gezielt herausgezüchtet werden können (man denke nur an die mittlerweile vielen Leopardgecko- und Kornnatterfarbformen), reichern sich aber dadurch auch Erbanlagen an, die die Lebenstüchtigkeit der Tiere negativ beeinflussen. Wahrscheinlich ist der relativ hohe Prozentsatz an schlecht oder gar nicht wachsenden Kümmerlingen gerade bei Jemenchamäleon Nachzuchten auf eben solche Inzuchterscheinungen zurückzuführen.
Daher empfehle ich jedem Halter mit Zuchtabsichten, sich seine Jemenchamäleons bei verschiedenen Züchtern zu besorgen und sich über die Abstammung der Elterntiee soweit als möglich zu informieren.
Am besten erwirbt man Jungtiere, die schon mindestens einen Monat alt sind und bereits Erfahrung mit dem Fressen verschiedener Futtertiere haben. Jüngere Tiere vertragen Transport, Umsetzen und Futterumgewöhnung oft schlecht und mit einem Monat kann man auch bereits die erwähnten Kümmerlinge einigermaßen sicher am geringeren Wuchs erkennen. Das Jemenchamäleon ist eine der wenigen Echsenarten, deren Geschlecht man ab Schlupf einigermaßen sicher diagnostizieren kann, so daß der planmäßige Kauf eines Paares kein Problem darstellt. Männliche Jungtiere haben an den Fersen der Hinterbeine eine zunächst noch winzige Vorwölbung, aus der sich der deutliche Fersensporn der erwachsenen Männchen entwickelt. Bei frischgeschlüpften Babies ist dieser Sporn allerdings oft kaum wahrnehmbar, darum möchte ich noch ein weiteres, nach meiner bisherigen Erfahrung nahezu ebenso zuverlässiges Merkmal der Geschlechtsbestimmung bei Jemenchamäleonbabies erwähnen, über das ich bisher erstaunlicherweise gar nichts in der Literatur gefunden habe: Die Babies haben auf der grünen Grundfarbe zwei Fleckenreihen, bzw. unterbrochene Längsstreifen, die je nach Stimmung weiß, gelblich oder fast schwarz gefärbt sein können, meist aber gelblich weiß sind. Die obere Fleckenreihe erstreckt sich als ein unterbrochenes Band von der Schulter bis zum Schwanzansatz, die untere vom unteren Achselhöhlenbereich bis zur hinteren Bauchhälfte. Der vordere längliche Fleck der unteren Reihe war nun bisher bei allen meinen weiblichen Jungtieren fast so lang oder länger als der ihn beim Anlegen bedeckende Oberarm, bei den Männchen dagegen halb so lang oder noch deutlich kürzer. Dieses Merkmal bleibt bei erwachsenen Tieren erhalten und ist auch auf den bisher von mir gesehenen Fotos von Jemenchamäleons anderer Halter fast immer eindeutig. Es gibt zwar –selten- auch Weibchen mit recht kurzem Achselstreifen, aber ich habe noch kein Männchen mit einem auch nur annähernd oberarmlangen Achselstreifen gesehen.
Die Färbung adulter Jemenchamäleons variiert stark. Will man beim Kauf von Jungtieren bereits zumindest die Verteilung von hellen und dunklen Streifen im Adultkleid erkennen, so läßt man die Tierchen eine Strecke auf flachem Boden laufen. Die dabei angenommene (Streß-) Färbung spiegelt bereits exakt die Verteilungsverhältnisse beim erwachsenen Chamäleon wieder, nur sind die Farben bei den Babies noch auf Grün und Brauntöne beschränkt.
Während erwachsene Jemenchamäleonweibchen in Ruhefärbung mehr oder weniger grün mit rötlichbraunen unregelmäßigen in 3-4 Querbändern angeordneten Flecken sowie den bereits erwähnten weißlichen Zeichnungselementen sind, weisen die Männchen eine farbenprächtige Querstreifung aus grünlich/blauen und gelben Elementen aus, die mit türkisblauen Flecken durchsetzt sind. Bezüglich der Prävalenz grüner, gelber und blauer Töne unterscheiden sich die Individuen erheblich und eine detaillierte Beschreibung möglicher Typen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, daher verweise ich auf die beigefügten Abbildungen. In der erwähnten Streßfärbung der Babies erkennt man aber z.B. bereits die Anzahl der späteren gelben Querstreifen. Meist drei, können es aber auch vier oder sogar fünf sein.
Die beim Schlupf etwa 4-6 cm großen Babies wachsen sehr rasch. Den Rekord hält bei mir ein Männchen, daß bereits mit fünf Monaten die 30 cm Marke erreichte. Mit 35-50 cm sind die meisten Gefangenschaftsnachzuchten als Männchen ausgewachsen, die Weibchen erreichen 30-40 cm. Mangelernährte Tiere bleiben zeitlebens wesentlich kleiner. So habe ich vor drei Jahren ein adultes Männchen von knapp 26 cm Gesamtlänge erworben, das seitdem auch nicht sichtbar weiter gewachsen ist, seine Nachkommen erreichen dagegen durchweg „normale“ Größen. Bedingt durch die heterogenen Vorfahren schwankt die Endgröße von Gefangenschaftsnachzuchten aber auch bei optimaler Fütterung erheblich.
Das rapide Wachstum birgt einige Gefahren in sich. Das Futter für derart rasch wachsende Tiere muß immer gut mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert werden, worauf besonders auf ein Kalzium/Phosphor Verhältnis von mehr als 1,5/1 zu achten ist, da sonst aufgenommenes Kalzium nicht in ausreichendem Maße dem Knochenbau zugeführt werden kann. Bewährt hat sich bei mir, die Futtertiere stets mit einem 1/1 Gemisch aus Vitakalk und Kalziumlaktat einzustäuben. Zusätzlich sollte man etwa einmal wöchentlich geringe Mengen eines Vitamin D3-haltigen flüssigen Multivitaminpräparates (zB Atvitol von JBL) geben, da neuere Forschungsergebnisse nahelegen, daß gerade das zum gesunden Knochenaufbau so wichtige Vitamin D3 aus pulverförmigen Präparaten nicht oder nur sehr schlecht von Reptilien resorbiert werden kann. Am besten, man tropft die zu verabreichende Menge auf ein Futtertier, das dann individuell von der Pinzette gereicht wird. Babies bis zum Alter von zwei Monaten erhalten bei mir etwa einen halben Tropfen, 30 cm große Tiere etwa 4-5 Tropfen usw je nach Größe. Getränkt wird bei ganz kleinen Babies ausschließlich durch zweimal tägliches Besprühen des Behälters, da die Tierchen beeits in 2 mm flachem Wasser ertrinken können. Die meisten Jemenchamäleons lernen aber dann bereits im Alter von drei bis vier Monaten, aus flachen Wasserschalen zu trinken. Den Lernprozeß kann man unterstützen, indem man zunächst eine Tropftränke über der Wasserschale installiert. Die Wasserbewegung durch die Tropfen erleichtert offenbar das Erkennen von Wasser. Im gleichen Alter beginnen die Tiere auch meist, pflanzliche Nahrung zu sich zu nehmen. Sukkulente Blätter, etwa von Kalanchoe Arten sind dabei besonders beliebt. Aber auch Paprika, Löwenzahn und diverse Baumblätter werden von vielen Exemplaren gefressen. Die Aufnahme pflanzlicher Nahrung dient zumindest zum Teil sicherlich der Aufrechterhaltung des Flüssigkeitshaushaltes, da Tiere, denen wenig Wasser zur Verfügung steht, in der Regel vermehrt Pflanzennahrung aufnehmen.
An Futterinsekten kann man alles reichen, was größenmäßig bewältigt wird. Schlüpflinge ernährt man vor allem mit Drosophila und Babygrillen, Adulti nehmen alles von der Grille bis zur halbwüchsigen Maus. Im Sommer bietet sich die Verfütterung von Wiesenplankton an Jungtiere und Feld sowie Laubheuschrecken an größere Exemplare an. Nur mit dem Verfüttern wurmförmiger Tiere sollte man eher sparsam sein, da diese zumindest bei geschwächten Tieren Probleme bei der Darmpassage machen können. Sollten Babies im ersten halben Jahr noch täglich bis zur Sättigung gefüttert werden, so ist es ratsam bei halbwüchsigen und erwachsenen Jemenchamäleons die aufzunehmende Nahrungsmenge zu begrenzen. Andernfalls kann es zu Stoffwechselstörungen wie Gicht, Fettleibigkeit und anderen kommen. Freilebende Jemenchamäleons müssen regelmäßig sehr nahrungsarme Perioden überbrücken. Ich füttere über halbjährige Tiere nur jeden zweiten bis dritten Tag mit Insekten und schiebe zeitweise auch mehrtägige Pausen ein. Dabei steht den Tieren aber dennoch stets pflanzliche Nahrung zur Verfügung.
Der Nahrungsbedarf schwankt allerdings auch bei gleich großen Tieren individuell erstaunlich stark und man muß lernen, welches Individuum mehr, welches weniger Futter benötigt. Zusammengefaßt zeigt meine Erfahrung aber dennoch, daß Chamäleons generell weitaus mehr Nahrung benötigen als vergleichbar große Echsen anderer Familien. Im Klartext: Mit dem Futter, mit dem ich ein halbwüchsiges Jemenchamäleon gesund und munter erhalte, kann ich drei bis vier ähnlich große Phelsuma madagascariensis grandis fast schon überfüttern.
Man kann Jemenchamäleonbabies durchaus zunächst in kleinen Gruppen aufziehen. In der Literatur wird zwar beschrieben, daß dann unterlegene Tiere auch später nicht ihre volle mögliche Größe und Farbenpracht erreichen und scheues ängstliches Verhalten zeigen, doch kenne ich Züchter, die Schlupfgeschwister nahezu 8 Monate zusammen aufgezogen haben, ohne große Unterschiede in Wachstum und Verhalten zwischen den einzelnen Tieren gesehen zu haben. Möglicherweise spielt dabei aber auch der crowding Effekt eine Rolle, demnach unter sehr beengten Lebensverhältnissen kein territoriales Verhalten gezeigt wird. Normalerweise fangen junge Jemenchamäleonmännchen in ausreichend großen Behältern dagegen oft bereits im dritten Lebensmonat an, aggressiv auf gleichgeschlechtliche Artgenossen zu reagieren und sollten spätestens dann separiert werden. Die Weibchen sind untereinander weitaus toleranter und in vielen Fällen ist es möglich zwei oder mehr Weibchen lebenslang im selben Behälter zu pflegen. Etwa ab dem vierten Lebensmonat sollte man auch die Geschlechter voneinander trennen. Andernfalls besteht die Gefahr, daß die Weibchen bereits mit 4-6 Monaten trächtig werden. Das resultiert zumindest in einem retardierten Wachstum, oft leider auch im Tod des Tieres durch Legenot. Ohne Männchen gehaltene Weibchen entwickeln zwar manchmal auch bereits sehr früh Eier, doch tritt das fast nur bei zu reichhaltiger Ernährung auf. Haben die Weibchen im Alter von etwa einem Jahr ihre Endgröße nahezu erreicht, kann man versuchen, sie mit einem Männchen zu vergesellschaften. In einigen Fällen ist dauerhafte paarweise Haltung von Jemenchamäleons machbar. Ich habe ein Paar, das jeden Abend auf dem selben Ast dicht nebeneinander übernachtet. Aber auch das Gegenteil ist möglich: Eines meiner Weibchen war derart aggressiv gegen Chamäleonmännchen, daß es ausschließlich zur Paarung mit einem Männchen zusammengesetzt werden konnte. Sogar dann noch biß es bei einer Paarung seinem Partner ein großes Stück des Schwanzes ab, der zwar gut verheilte, aber ja wie bei Chamäleons üblich, leider nicht regeneriert wurde. Das selbe Weibchen vertrug sich problemlos mit artfremden größeren Echsen. Es ist also Glücksache, ob man ein Paar erhält, das sich als erwachsene Chamäleons dauerhaft verträgt und so sollte jeder neue
Chamäleonbesitzer beim Kauf seiner Tiere einkalkulieren, daß er für jedes Tier ein separates Terrarium bereitzustellen hat. Für ein adultes Weibchen wäre das ein Becken von mindestens einem drittel Kubikmeter Inhalt, für ein adultes Männchen sollte es mindestens doppelt so groß sein. Noch größere Maße sind auf jeden Fall empfehlenswerter. Babies zieht man dagegen zunächst in deutlich kleineren Terrarien auf, damit sich die Futtertiere nicht unauffindbar im Becken verteilen können. Terrarien für Jemenchamäleons sollten deutlich höher als breit sein. Eine gute Lüftung ist nicht so essentiell wie für die montanen Chamäleonarten, aber es ist dennoch empfehlenswert, den Deckel und eine Seite aus Drahtgaze vorzusehen. Die Terrarien sollten dicht mit verzweigten Gewächsen besetzt sein. Besonders geeignet sind baumförmig wachsende Pflanzen wie verschiedene Ficusarten oder Zitrusgewächse. Verschieden dicke verzweigte Kletteräste vervollständigen die Einrichtung. Strukturrück-und Seitenwände schaffen zusätzliche Klettermöglichkeiten und können den Sichtkontakt zu anderen Chamäleonterrarien unterbinden, der ansonsten zu Dauerstreß und auf lange Sicht sogar zum Tod führen kann. Auf einen Bodengrund kann außer zur Eiablagezeit prinzipiell verzichtet werden. Aus optischen Gründen sind meine Chamäleonterrarien jedoch mit Rindenmulch ausgestattet, der optisch gut aussieht, leicht bakterizid ist und verschiedene Feuchtigkeitsgrade zuverlässig recht lange hält. Beheizt wird das Becken am sinnvollsten allein durch die Beleuchtung, wobei bei Haltung mehrerer Tiere jedem Tier ein eigener Sonnenplatz zukommen sollte. Als Beleuchtung eignen sich alle viel Licht und Wärme abgebenden Lampen. Besonders zu empfehlen sind HQI Strahler, die eine sehr hohe Lichtausbeute bei natürlich wirkender Lichtfarbe aufweisen. Aber auch HQL, Halogenstrahler und normale Glühbirnen sind geeignet. Bei der Anbringung der Lampen ist darauf zu achten, daß die Chamäleons nicht zu nahe an die Wärmequelle herankommen. Böse Verbrennungen sind andernfalls regelmäßig die Folge, da die Tiere offenbar keinen Sensor für gefährlich hohe Temperaturen im Strahlungskegel üblicher Lampen haben. Beim Aufenthalt in direktem Sonnenlicht mag die hohe Lichtfülle dagegen für andere Verhältnisse sorgen; beim Sonnenbad im Freien suchen die Tiere jedenfalls rechtzeitig kühlere Bereiche auf. Verbrennungen heilen zwar in der Regel gut, machen aber zumindest bei den ersten folgenden Häutungen Probleme und es bleiben lebenslang Narben zurück. Erstes Warnsignal ist eine dauerhafte Hell- oder Dunkelfärbung einer ansonsten noch gesund wirkenden Hautpartie. Wenn im Strahlungskegel der Lampen maximal 35-38 Grad erreicht werden, besteht jedoch keine Gefahr. Neben diesen Maximaltemperaturen sollten auch deutlich kühlere Bereiche von etwa Zimmertemperatur im Terrarium vorhanden sein. Nachts, nach Ausschalten der Beleuchtung, darf die Temperatur ruhig kräftig abfallen, das entpricht den Gegebenheiten im natürlichen Lebensraum. Suchen die Chamäleons zum Schlafen den Boden auf oder graben sich gar halb ein, besteht zwar noch keine akute Gefahr, die erreichten Nachttemperaturen nähern sich aber der unteren Grenze der für die Art zuträglichen Werte und die Installation einer schwachen Nachtheizung ist zu überlegen.
Man kann gerade diese Chamäleonart auch sehr gut nahezu frei im Zimmer halten. Dazu benötigt man eine große belaubte Zimmerpflanze (wieder zB ein Ficus, ich halte ein Paar in einem großen an einen Stamm gebundenen Epipremnium), in die man am besten noch zusätzlich mehrere Äste verschiedener Dicke einbindet. Eine in den Baum gehängte hohe glattrandige Futterschale, eine Wasserschale und mehrere unerreichbar angebrachte (zB an der Decke aufgehängte) Lichtquellen zum Sonnen vervollständigen das Setup. Ein Entkommen und für das Chamäleon u.U gefährliches Umherwandern im Zimmer verhindert man weitgehend, indem man die Pflanze im Abstand von etwa 50 cm mit einer mindestens 35 cm hohen Barriere, zB einem Plexiglasrahmen, umgibt und dafür sorgt, daß kein Ast näher als 1m an den Boden heranreicht. Eine andere Methode ist die Haltung auf mehreren an der Decke hängenden Ampelpflanzen, die durch verzweigte Äste miteinander verbunden sind. Bei dieser Variante besteht keinerlei Verbindung zum Boden und die Tiere können nicht herabsteigen. Mindestens einmal täglich wird der Chamäleonlebensraum besprüht. Meine Tiere haben es aber auch gelernt, aus einer im Blumentopf installierten Wasserschale zu trinken und suchen zu diesem Zweck aktiv den Boden auf. Gefüttert wird vorwiegend individuell von der Pinzette. Einige Futtertiere können aber auch in hohen glattwandigen Gefäßen angeboten werden. Viele Chamäleons lernen bald, daß sie nur von oben von einem Ast aus an solche Futtertiere herankommen.
Trotz Barrieren doch einmal entkommene Chamäleons verkriechen sich nicht in dunkle Ecken, wie viele andere Echsen in ähnlicher Situation, sondern suchen erhöhte helle Plätze, z.B. in anderen Zimmerpflanzen in Fensternähe auf und lassen sich so meist verhältnismäßig einfach wiederfinden.
Bei ausreichender Versorgung mit Vitamin D3 braucht weder bei Terrarienhaltung noch bei freier Zimmerhaltung eine Lampe mit besonders hoher Emission im UV-Bereich verwendet werden. Die vom Tier zur Vitamin D Synthese nutzbare UV-Dosis der im Handel erhältlichen Leuchtstoffröhren ist sowieso recht gering. Leistungsfähigere Lampen, wie die Osram Ultravitalux sollten dagegen wegen ihrer hohen Wärmeabgabe nur kurze Brennzeiten haben und werden bei mir ausschließlich – dann aber sehr erfolgreich- zur Therapie geschwächter oder kranker Tiere verwendet.
Wann immer möglich sollte man seinen Chamäleons den Aufenthalt im Freien unter ungefiltertem Sonnenlicht ermöglichen. Man kann zB die Tiere unter Aufsicht in einen besonnten Busch setzen. Wenn dieser blüht, können sie sich sogar noch selber Insekten fangen. Alternativ kauft oder bastelt man sinnvollerweise Gazeterrarien, in denen die Tiere dann zum Sonnen nach draußen gebracht werden können. Wichtig ist, immer für schattige Rückzugsplätze zu sorgen, da es sonst auch in unseren Breiten rasch zu tödlichen Überhitzungen kommen kann. Anfangs färben sich die Tiere im Freien meist sehr dunkel, um die wärmenden Sonnenstrahlen besonders effektiv nutzen zu können und platten den Körper stark ab, wobei die platte Fläche der Sonne zugewandt wird. Später wird dann umhergewandert und nach Insekten gesucht. Bei drohender Überhitzung hellt sich die Färbung deutlich auf und es wird mit offenem Maul gehechelt, bis sich die Tiere schließlich an einen schattigen Ort zurückziehen.
Ein solcher Aufenthalt im Freien stimuliert die Tiere sichtlich und kann auch die Therapie erkrankter oder schwächlicher Tiere sinnvoll unterstützen.
Hat man ein gesundes Pärchen erfolgreich großgezogen, so liegt natürlich der Gedanke an eigene Chamäleonzucht nahe. Sind die Tiere blutsfremd, so spricht auch nichts dagegen und die Verwirklichung der Zuchtabsichten ist bei dieser Chamäleonart meist nicht mit größeren Schwierigkeiten verbunden. Hat man ein Paar, daß sich in gemeinsamer Haltung verträgt, so wird sich das nötige gewissermaßen von selbst ergeben. Bei getrennt gehaltenen Tieren kann man das mindestens einjährige Weibchen in regelmäßigen Abständen versuchsweise in das Terrarium des Männchens setzen. Die umgekehrte Prozedur ist weniger zu empfehlen, da sich das Männchen in der ungewohnten Umgebung nicht sicher fühlt und daher u.U. nicht balzt. Taucht dagegen ein Weibchen unvermutet in seinem Territorium auf, plattet das Männchen bald seinen Körper maximal ab, präsentiert dem Weibchen die Breitseite und erstrahlt in den schönsten Farben. Gleichzeitig wird meist ein Vorderbein angehoben, das Tier schaukelt hin und her und der Schwanz wird rhythmisch auf und abgerollt. Diese Reaktion wird zunächst bei jedem zugesetzten Chamäleon gezeigt, egal ob männlich oder weiblich. Während Männchen dann mit Gegendrohen reagieren, öffnet ein paarungsunwilliges Weibchen abwehrend das Maul und färbt sich dunkel. Ein paarungswilliges Weibchen bleibt hell und klettert meist langsam weg vom Männchen. In beiden Fällen wird das Weibchen heftig vom Männchen verfolgt und unter mal mehr mal weniger heftigem Kopfnicken versucht es das Weibchen zu besteigen und die Paarung zu vollziehen. Um das Weibchen zunächst zu stoppen, überholt er es meist und stößt es heftig mit geschlossenem Maul in die Seite. Diese Stöße werden auch noch beim Besteigen fortgesetzt und können halbherzige Beißversuche des Weibchens abwehren. Das Männchen hat dabei eine deutliche Beißhemmung gegenüber dem Weibchen. Paarungsunwillige Weibchen beißen dagegen bisweilen völlig ungehemmt nach dem Männchen und können ihm schwere Verletzungen zufügen (s.o.). Daher sollte man ein Weibchen, daß sich intensiv dunkel färbt und dem Männchen mit offenem Maul droht besser rasch wieder aus dessen Territorium entfernen. Paarungsbereite Weibchen erkennt man mit etwas Erfahrung übrigens bereits in Abwesenheit eines Männchens an den türkisblauen Einfärbungen im oberen Rückenbereich, die normalerweise nicht Bestandteil der Grundfärbung sind. Hat das Männchen erfolgreich einen Hemipenis eingeführt, dauert die eigentliche Paarung zwischen 10 und 30 Minuten. Ein Nacken oder Halsbiß erfolgt meist nicht und die Paarung wird in den folgenden Tagen mehrfach wiederholt. In der Zwischenzeit bleibt das Männchen immer in der Nähe des Weibchens, bis sich dieses nach erfolgreicher Befruchtung in die Graviditätsfärbung umfärbt und dem Männchen bei weiterer Annäherung mit offenem Maul zu drohen beginnt. Die meisten Paare muß man in den nun folgenden 28-45 Tagen bis zur Eiablage trennen. Eins meiner derzeit zwei Paare kann jedoch sogar in dieser Zeit gemeinsam auf dem oben erwähnten Epipremnium verbleiben. Allerdings gehen sie sich zusehends aus dem Weg und der maximal mögliche Abstand beträgt für sie auf dieser Pflanze über 2,5 m. Die Graviditätsfärbung ist wahrscheinlich das schönste Farbkleid der Jemenchamäleons: Auf dunkelgrünem bis fast schwarzem Grund sind stark kontrastierende gelbe und türkisblaue Farbelemente angeordnet, deren Muster sich aber individuell stark unterscheidet. Manche Weibchen zeigen dieses Farbkleid während der gesamten Trächtigkeitsdauer, andere nur bei Anblick eines Männchens oder in sonstigen Streßsituationen und tragen sonst nur eine sehr verblaßte Version dieser Färbung.
In der bis zur Eiablage verbleibenden Zeit muß das Weibchen natürlich besonders reichlich und ausgewogen ernährt und dem hohen Kalziumbedarf bei der Eibildung Rechnung getragen werden. Nun müssen auch Bereiche mit mindestens 15 cm hohem leicht feuchten Substrat geboten werden. Nach meinen Erfahrungen bevorzugen die Tiere dunkle Substrate (Blumenerde) gegenüber hellen (Sand) und nehmen besonders gerne Ablageplätze an, die unter dichtem Bewuchs versteckt sind. Manche Weibchen beginnen bereits mehrere Tage vor der Ablage an verschiedenen Stellen zu graben, andere graben einmal einen Tunnel, legen Ihre Eier hinein und fertig. Die eigentliche Eiablage dauert mehrere Stunden und ist immer wieder durch Pausen unterbrochen, in denen man die Tiere nicht stören sollte. Nach der Ablage verschließt das Tier den in der Regel entstandenen Tunnel sorgfältig und bleibt meist noch einige Zeit auf der Ablagestelle sitzen, bevor es wieder in die oberen Terrarienregionen klettert. Erst dann sollte man die Eier zum Überführen in einen Inkubator entnehmen. Erstgelege bestehen meist aus 25-35 Eiern, spätere Gelege können 50-70 Eier enthalten. Dauerhaft (zu) reichlich ernährte Tiere können Gelege mit bis zu einhundert Eiern produzieren, was allerdings einen erheblichen metabolischen Streß bedeutet und solche Tiere leben oft nicht lang. Neben dem Fehlen geeigneter Eiablageplätze sind solche Riesengelege auch oft der Grund für Legenot. Die betreffenden Weibchen sitzen dunkel gefärbt tagelang am Boden, graben unter Umständen ab und zu etwas und verweigern die Nahrung, wogegen normalerweise ein Weibchen bis zum Legetag hin Nahrung aufnimmt. In solchen Fällen hilft meist nur noch eine Operation. Wildlebende calyptratus Weibchen produzieren meist nur ein Gelege pro Jahr. Interessanterweise tun das auch meine absichtlich sparsam ernährten Chamäleonweibchen und zwar in der Regel im August; manchmal folgt aber auch noch ein Nachgelege im Dezember. Dagegen hört man von vielen Haltern, das die Tiere bis zu 4 Gelege pro Jahr absetzen können. Das reduziert dann aber sicherlich die zu erwartende Lebensdauer.
Die Eier entnimmt man am besten gleich nach der Ablage. Bei frischen Gelegen schadet dabei ein Drehen der Eier noch nicht, das später unbedingt vermieden werden muß. Die Eier werden halb eingebettet in ein nur mäßig feuchtes, keinesfalls nasses Substrat überführt. Besonders geeignet ist Vermiculit, aber auch feiner Kies von etwa 2mm Körnung ist geeignet. Sand ist weniger gut, da er bei der langen Inkubationszeit oft verklumpt und luftundurchlässig wird. Es ist sinnvoll, die Eier mit einem weichen Tuch abzudecken und so vor Tropfwasser zu schützen. In einer luftdicht verschlossenen Gefrierdose erfolgt dann die Inkubation bis zum Schlupf. Bei konstant 28 Grad schlüpfen die Babies nach fast genau 6 Monaten. Nachtabsenkung oder kühlere Temperaturen können zu größeren und kräftigeren Schlüpflingen führen, verlängern aber auch die Inkubationszeit erheblich. Während der Inkubationszeit sollte das Gelege regelmäßig kontrolliert und evtl. verdorbene Eier entfernt werden. Falls nötig kann auch das Substrat erneut angefeuchtet werden, dabei dürfen die Eier aber nicht in Berührung mit Wasser kommen. Ein Anfeuchten kurz vor dem Schlupftermin führt oft zu einem raschen gleichzeitigen Schlupf aller Tiere. Überhaupt scheint es synchronisierende Signale zu geben, da oft alle Tiere in einer Box am selben Tag schlüpfen, Eier aus dem gleichen Gelege, in einer anderen Box im selben Inkubator untergebracht können dann an einem ganz anderen Tag zum Schlupf kommen. Nähert sich der Schlupftermin werden die Eier oft dunkler und kurz vor dem Schlupf beginnen sie an Prallheit zu verlieren. Der Schlupf selber dauert etliche Stunden bis über einen Tag. Zuerst erscheint der Kopf des Babies und wird aus dem Ei gestreckt. Mit geschlossenen Augen verharrt das Tier einige Stunden, bis es die Augen öffnet und dann recht zügig aus dem Ei herauskriecht. Von ungeduldigen oder besorgten Züchtern vorzeitig geöffnete Eier enthalten immer unbewegliche Embryonen, die jedoch keineswegs tot sein müssen. Stand der Schlupftermin nahe, so fangen solche Tiere im Inkubator auf feuchtes Fließpapier gelegt nach einigen Stunden oft an, sich spontan zu bewegen.
Den Jungtieren fehlt noch der charakteristische Helm, an den oben genannten Merkmalen kann man jedoch die Geschlechter bereits recht sicher erkennen. Übrigens schlüpfen nach meine Erfahrungen ab etwa 30 Grad permanenter Inkubationstemperatur nahezu ausschließlich Männchen. Obwohl TAGA bisher noch nicht definitiv für diese Art nachgewiesen wurde, scheint es also einen Zusammenhang zwischen Inkubationstemperatur und Geschlecht zu geben. In den ersten Tagen und Wochen laufen die Babies nahezu permanent umher. In der Natur hat das den Sinn, daß die Tiere sich rasch über ein großes Gebiet verteilen. Dennoch ist anfangs eine Gruppenaufzucht problemlos möglich. Schon 1-3 Tage nach dem Schlupf werden Drosophila und Babygrillen geschossen und bereits nach wenigen Wochen bewältigen die Tiere Stubenfliegen.
Zur weiteren Aufzucht der Jungtiere gilt das eingangs gesagte und es ist eine überaus kurzweilige Beschäftigung, ein Terrarium mit einer Gruppe eifrig in einer Grünpflanze umherkletternder Jemenchamäleonbabies zu beobachten.

Literatur:
Henkel, F.W. & S. Heinecke (1993) Chamäleons im Terrarium.; Landbuch Verlag, Hannover
Necas, P. (1999) Chamäleons-Bunte Juwelen der NAtur, Ed. Chimaira, Frankfurt
Schmidt, W. (1999) DAs Jemenchamäleon; Natur und Tier Verlag, Münster
Schmidt, W., K. Thamm & E. Wallikewitz (1996) Chamäleons-Drachen unserer Zeit; Natur und Tier Verlag, Münster

Copyright (c) Dr. Ingo Kober

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